Verhaltensmuster von Betroffenen


Craving

Der englische Begriff steht für die Befriedigung des Verlangens nach der Substanz. Die Suchtbefriedigung soll möglichst sofort erfolgen. Die Zukunftsplanung der Betroffenen reduziert sich oft zunehmend auf die Organisation der Abhängigkeit. Die Lebenseinstellung der erkrankten Menschen wird in vielen Fällen in übermächtiger Weise augenblickszentriert.

 

Leugnung der Abhängigkeit

Zur Abhängigkeitserkrankung gehört häufig das Leugnen der Krankheit vor sich selbst und anderen. Es werden manchmal simple („ich trinke/rauche aus purem Genuss“), oft auch skurrile bis absurde Ausreden („Mein Arzt hat mir mehrere Liter Bier am Tag verordnet, für die Nieren“) benutzt, um das eigene, durch die Abhängigkeit dominierte Verhalten zu rechtfertigen. Dazu gehört oft auch ein Relativieren und Herunterspielen der konsumierten Menge und der Konsumhäufigkeit.

siehe auch: www.na.org/, SUCHT nach Ganzheit, SCHEKKER

Auch das Gegenteil von Leugnung kann der Fall sein: Einige Abhängige sind der Umwelt gegenüber "wehleidig" und bemitleiden sich selbst, weil sie als "arme" Opfer ihrer Abhängigkeitserkrankung wahrgenommen werden möchten.

 

Kontrollverlust

Abhängige verlieren die Kontrolle über ihr Verhalten, das kann zum völlig maßlosen Verhalten führen, so dass z.B. bis zum Umfallen getrunken wird. Der eigene Kontrollverlust ist für Abhängige meist beschämend, da sie scheinbar nicht (mehr) im Besitz ihrer vollen geistigen Kräfte sind, so dass es zu massiven Verleugnungen und Vertuschungen vor sich selbst und der Umwelt kommt (z. B. jedes Bier sofort bezahlen, damit man nicht wirklich weiß, wie viel man getrunken hat). Deshalb wird Kritik von außen als unangenehm wahrgenommen. Dies alles führt meistens zur gesellschaftlichen Isolation oder in entsprechende gesellschaftliche Randgruppen.

Sind entsprechend feste Strukturen im Leben vorhanden wie eine Arbeit, so kann es vorkommen, dass Abhängige jahrelang nicht auffallen oder ein Doppelleben führen. Das Handling kann die Reduktion, das Verbergen oder der Verzicht auf die Suchtmittel zu bestimmten Begebenheiten umfassen, um nach außen als gesund zu erscheinen. Die Abhängigen haben ihre Abhängigkeit unter erheblichem Kontrollaufwand in ihren Alltag integriert. Klassische Beispiele dafür sind die sogenannten Pegeltrinker oder Ärzte mit Morphinabhängigkeit. Eine Funktionseinschränkung kann ohne weiteres zunächst nicht festgestellt werden, riskant ist die Thematik allerdings z. B. beim Bedienen von gefährlichen Maschinen oder der Verantwortung für Menschenleben.

 

Verlagerung der Abhängigkeit

Auch ein „Funktionieren in der Gesellschaft“ kann Teil des Leugnungsprozesses sein, so dass mit Disziplin, oft unter extremen Kraftanstrengungen, der Konsum eingeschränkt wird bzw. das von der Abhängigkeit gesteuerte Verhalten den Erfordernissen des Alltags zeitweise angepasst werden kann.

Die Abhängigkeit kann von mehreren Substanzen bestehen (Polytoxikomanie) oder die Betroffenen verlagern die Abhängigkeit auf eine andere Substanz (Abhängigkeitsverlagerung). Gesellschaftlich anerkannte Arbeit kann in Form von Workaholic als Deckmantel dienen, um einen „Kick“ zu bekommen, während in der Freizeit ein anderer "Suchtmechanismus" gelebt wird.

 

Soziale Folgen

Co-Abhängigkeit

Oft wird das von der Abhängigkeit gesteuerte Verhalten von Freunden oder Familienangehörigen unterstützt, die dem Abhängigen viele Aufgaben abnehmen und nach außen Probleme leugnen, nahe stehende Verwandte und Freunde verfallen in co-abhängige Verhaltensweisen und tragen so dazu bei, dass das Leben des Abhängigen nach außen lange Zeit „normal“ funktionieren kann. Als Co-Abhängigkeit gilt auch, wenn man Verantwortung für das Verhalten des Süchtigen übernimmt, sein Verhalten rechtfertigt und sich seine/ihre Abhängigkeit nicht eingesteht. Co-Abhängige Verhaltensweisen können auch bei professionellen Helfern wie z. B. Sozialarbeitern auftreten.

Alkohol in der Sozialarbeit